Es ist doch wirklich ein Jammer. So viel kreative Energie schlummert in uns und doch wird davon zu wenig geteilt, obwohl es anderen das Leben verschönern könnte und man sich so kreativ verwirklichen kann. Was sind die Gründe, die uns zurückhalten endlich eine kleine Bühne für unser kreatives Kuriositätenkabinett zu schaffen?

„Ich hatte mein ganzes Leben viele Probleme und Sorgen. Die meisten von ihnen sind aber niemals eingetreten.“

– Mark Twain

1. Der Leistungsgedanke

Wir werden von kleinauf so auf das Thema Leistung getrimmt, dass es fortan immer präsent in unserem Kopf ist. Jede Aktivität wird abgeklopt und untersucht, ob man damit imstande ist Leistung zu erbringen. Wenn nicht, wird der Gedanke viel zu schnell verworfen. Aber was bedeutet es konkret mit etwas Leistung zu erbringen? Wahrscheinlich ist damit die Fähigkeit gemeint einen monetären Vorteil zu erzielen. Wir haben den Gedanken: Ich bin dazu in der Lage, mit der kreativen Tätigkeit Geld zu verdienen und darum ist die Arbeit es wert geteilt zu werden.

Dieser Gedanken ist ganz schlimm und total einengend. Wir sollten diese Denkweise daher so schnell wie möglich ablegen, denn es schränkt uns nur ein in unserer Kreativität. Wenn wir uns bei jedem Gedanken direkt das Leistungskorsett anlegen, dann werden wir vielleicht irgendetwas erschaffen, aber wahrscheinlich nichts, was orginell ist und schon gar nichts, was uns selbst gefällt. Wir sollten in erster Linie Dinge entwerfen, die uns selber gefallen und nicht ständig daran denken, was anderen gefallen könnte.

2. Angst vor Verurteilung

Der Lieblingssatz von vielen Kreativen ist, dass sie etwas noch nicht veröffentlich haben. Kreative scheinen dies als Schutzschild zu nehmen. Sie strecken ihre Fühler zu Gleichgesinnten aus, der Funke springt über und wenn man über die kreativen Arbeiten und Hobbys sprechen möchte, dann gehen sie den Rückzug an. Dahinter stecken in der Regel zwei Ängste.

  1. Die Angst, dass die Arbeit inhaltlich nicht gut genug ist
  2. Die Angst, dass die Arbeit zu viel über einen preisgibt

Was ist daran schlimm, wenn etwas inhaltlich nicht gut genug ist? Und wer legt fest, was gut genug ist? Hier sind wir schnell wieder bei den Maßstäben der Leistungsgedanken. Aber es steht uns frei, welche Maßstäbe wir für unsere Arbeit anlegen. Daher ist eine der Fragen, die ich in solchen Gesprächen stelle immer: „Hat es dir Spaß gemacht?“ und nicht „Hat sich das finanziell gelohnt?“ Wenn als Antwort dann kommt: „Ja es hat eine Menge Spaß gemacht“, dann hast du einfach gewonnen und bist unangreifbar. Es steht uns selbst frei Maßstäbe zu erschaffen, woran wir messen, ob uns unsere kreative Arbeit erfüllt.

Wie geht man also mit der Angst um, dass die Arbeit zu viel von einem preisgeben könnte? Diesen Gedanken habe ich schon von so vielen Kollegen gehört. Du weißt als Künstler, dass du mehr bist, als deine Arbeit. Und nur du weißt, welchen Wahrheitsgehalt das Werk hat. Wir würden von bekannten Autoren nicht ausschließlich von ihren Werken auf ihr Leben schließen, haben aber dennoch Angst, dass es jemand bei uns tun könnte. Dabei wissen wir selbst, dass man als Autor mehr ist als eines seiner Werke. Man ist sogar mehr, als die Summe der kreativen Arbeiten, da die Kreativität ja auch nur ein Teil unseres Lebens darstellt und wir viel vielseitiger sind.

3. Das Internet vergisst nie

Das ist zugegebener Maßen einer der Gründe, die ich noch sehr gut nachvollziehen kann. Das Internet ist nämlich knallhart und erinnert sich an (fast) alles. Ihr könnt davon ausgehen, dass alles, was ihr ins Internet stellt sofort gesichert wird und für immer in Archiven zu finden sein wird. Dennoch sollten wir diese Angst nicht überbewerten und uns schon gar nicht von ihr zurückhalten lassen, endlich unsere Kreativität zu teilen. Im Grunde genommen habt ihr zwei Möglichkeiten, falls diese Angst euch lähmt.

  1. Geh davon aus, dass deine Freunde, Familie, Kollegen und der Chef deine Werke lesen könnten
  2. Veröffentlicht unter einem Pseudonym, aber haltet Punkt 1 dennoch im Hinterkopf

Falls die Kreativität Teil eures Lebens ist, solltet ihr immer im Hinterkopf behalten, dass auch eure Freunde, Familie, die Kollegen und euer Chef Interesse an euren Werken haben. Diese Angst sollte euch nicht einschränken, aber ihr solltet das vielleicht etwas im Hinterkopf behalten. Falls ihr etwas überhaupt nicht mit diesem Kreis teilen wollt, solltet ihr euch überlegen, auf welchem Wege ihr den Inhalt teilen wollt. Dabei bietet es sich zum Beispiel an unter einem Pseudonym zu veröffentlichen (neben anderen vielen Vorteilen). Aber vergesst dabei nicht, dass ein Pseudonym auch nur einen Teilschutz bietet.

4. Angst vor Kritik

Viele Kreative haben eine riesige Angst vor Kritik und das ist bis zu einem gewissen Maße auch nachvollziehbar. Wenn man im stillen Kämmerlein lange an einem Herzensprojekt gearbeitet hat, möchte man nicht, dass es in der Öffentlichkeit zerrissen wird. Daher teilen es manche dann lieber gar nicht, denn was nicht veröffentlicht wird, kann auch nicht kritisiert werden. Dazu kann euch der folgende Survivalguide helfen.

  1. Die meisten Menschen sind wohlwollend. Fiese Trolle sind eher die Ausnahme und diese lassen sich recht einfach identifizieren.
  2. Wenn ein Mensch dein Werk kritisiert, dann hast du die Möglichkeit an der Kritik zu wachsen und deine zukünftigen Arbeiten zu verbessern. Kreativität ist ein Prozess, in dem wir immer besser werden.
  3. Kritik muss nicht angenommen werden. Nur weil jemand deine Arbeit kritisiert, steht es dir dennoch frei, ob du die Kritik annehmen willst und auch wie viel du von dieser Kritik annehmen willst. Geschmäcker sind unterschiedlich und wir sollten versuchen unseren eingenen Stil zu finden und nicht einfach in einer homogenen Masse unterzugehen.
  4. Ein guter Richtwert ist auch. Nimm keine Kritiv von jemandem an, von dem du nicht auch ein Ratschalg annehmen würdest.
  5. Kein Werk ist frei von Kritik.

★☆☆☆☆

Ratet doch mal, zu welchen Werken die folgenden 1-Sterne-Bewertugen gehören:

  1. »Nicht das was ich von Fantasy erwarte!«
  2. »Nicht zu empfehlen. Langweilig«
  3. »Langatmig und phantasielos«

Die Bewertungen wurden auf Amazon zu der Herr der Ringe Trilogie von J. R. R. Tolkien geschrieben. Könnt ihr das glauben? Was für ein befreiendes Gefühl, dass selbst ein Werk von diesem Kaliber seine Kritiker hat.

5. Zu wenig Gleichgesinnte im privaten Umfeld

Im Leben ist es wichtig für unterschiedliche Hobbys und Interessen verschiedene Gruppen zu haben. So hat man die Möglichkeit sich gegenseitig auszutauschen und zu stärken. Mir ist aufgefallen, dass Personen, die sich in einer kreativen Gruppe befinden einen Vorteil gegenüber Einzelgängern haben. Sie haben Unterstützung und Austausch mit anderen Kunstschaffenden. Sie haben schon Berührungspunkte mit Themen gehabt, wie z.B. der Angst der Veröffentlichung. Hier fällt es einem natürlich leichter sich den passenden Rat zu holen, als wenn man niemanden zum Austausch hat. Mein Tipp ist es daher sich zuerst online in Gruppen zu engagieren, wie z.B. bei Instagram, Wattpad oder Facebook. Da geht es wirklich schnell Gleichgesinnte zu finden und von dort aus kann man dann den Austausch in persönlichen Nachrichten und der echten Welt fortführen. What a time to be alive!

6. Der Vergleich mit anderen schreckt ab

»Der Vergleich ist der Dieb der Freude«, ist ein bekanntes Zitat von Theodore Roosevelt was das Problem auf den Punkt trifft. In erster Linie sollten wir unser Schaffen und unsere Werke nicht mit denen anderer Vergleichen. Denn man findet immer einen Nachbarn, bei dem das Graß grüner ist und bei dem es scheinbar besser läuft. Viel zu selten werden dabei die Faktoren wie Glück und der Umgang mit Algorithmen vernachlässigt. Ihr wundert euch vielleicht, warum eure neue Geschichte oder der neue Beitrag nicht so viele Gefälllt-Mir-Angaben erhält, wie der vorherige oder der eines anderen Künstlers. Dabei braucht man oft auch einfach Glück und den richtigen Zeitpunkt. Wie die Sichtbarkeits-Algorithmen von Instagram und Facebook funktionieren ist bis heute unbekannt und ein gut geschütztes Geheimnis.

Wenn ihr euch unbedingt vergleichen wollt, dann kann ich euch zwei Dinge raten.

  1. Vergleicht euch nicht mit anderen, sondern mit eurem Vergangenheits-Ich
  2. Wenn ihr euch mit anderen Künstlern vergleichen wollt, dann seht den Prozess ihrer Karriere und nicht nur das aktuelle Werk

7. Es ist nicht perfekt

Wenn alle Kunstschaffenden darauf gewartet hätten, dass etwas perfekt ist, dann bin ich der Meinung, dass wir heutzutage ca. 0 Kunstwerke und 0 Bücher auf der Welt hätten. Der Anspruch auf das perfekte Werk ist in der Realität oft nur ein Schutzschild seinem Werk keiner Kritik auszusetzen. Ich würde es also niemals als Anspruch nehmen nur ein perfektes Werk zu veröffentlichen. Wenn du zu einem Zeitpunkt recht zufrieden mit deinem Werk bist, ist es Zeit es der Welt zu zeigen und Prozesse anzustoßen, wie z.B. ein Korrektorat oder ein Lektorat. Ihr könnt davon ausgehen, dass euch die Werke mit etwas Abstand selbst nicht mehr gut gefallen. Stephen King schreibt in seinem Buch Das Leben und das Schreiben, dass er die Texte so oft bearbeitet, bis er sie selbst nicht mehr abkann und dann mit einem neuen Werk beginnt. Außerdem gibt es das perfekte Buch einfach nicht. Selbst in den Titeln bekannter Verlage findet man noch Fehler. Selbst wenn es sich dabei um eine späte Ausgabe handelt. Wenn du versuchst 100% anzustreben, wirst du enttäuscht.

8. Wir nehmen Erfolg als Maßstab

Wir sind selbst dafür Verantworlich, wie wir Erfolg definieren. Aus meiner Ansicht gibt es so viele verschiedene Definitionen für Erfolg, dass jeder eine andere Sicht darauf hat. Wenn du es als Maßstab nimmst einen Bestseller zu schreiben und es dann nicht schaffst, dann fühlst du dich vielleicht erfolglos. Und diese Angst vor der Erfolglosigkeit hält dich vielleicht zurück (weiter) zu schreiben. Gratulation. Du hast es erfolgreich geschafft dir selbst Angst zu machen und das nur, weil du deine Ansprüche an deinen Erfolg falsch definiert hast. Versuch doch einfach einen Maßstab zu entwerfen, den man erreichen kann und an dem man sich täglich messen kann. Wie du z.B. Erfolg definieren könntest.

  • Ich schaffe es eine Kurzgeschichte zu Papier zu bringen und sie abzuschließen
  • Ich schaffe es einen Plot für meinen geplanten Roman zu schreiben
  • Ich schaffe es ein Manuskript für ein Buch fertigzustellen
  • Ich schaffe es mich aktiv in der Community zu beteiligen und lerne aus den Prozessen und Werken der anderen

Fazit

Ich hoffe ich konnte dir aufzeigen, wie du mit den vielen diffusen Ängsten umgehen kannst, die einen belasten, wenn man versucht kreativ zu sein. Zu viele Ängste sind Gift für das Leben und auch für die kreative Arbeit. Wenn du mal wieder Zweifeln solltest, musst du dir einfach nur das folgende denken und loslegen: »Der Text, den du schreibst könnte das Leben von anderen Menschen verändern.« Ein paar kleine Schritte, die du angehen kannst, siehst du im Folgenden.

Wie du loslegen kannst

☐ Erstelle dir ein Konto auf einer Social Media Plattform und vernetze dich mit anderen Kreativen
☐ Erstelle dir ein Konto auf canva.com und leg einfach los und teste ein paar Designs
☐ Beginne deinen kreativen Prozess mit anderen zu teilen und hole dir ihr Feedback ein
☐ Schreib eine Kurzgeschichte und teile sie einfach. Frag die anderen nach ihren Meinungen.

Ich wünsche dir viel Spaß beim Kreativsein und frohes Schaffen!

Toni P. Staski, 14.04.2022

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